Best of Science Cartoons (27)

27. Juni 2014 von Laborjournal

… zu den Problemen nicht-essentieller Organe:

Via the Awkward Yeti

Einstein und der Peer Review

24. Juni 2014 von Laborjournal

Auch Einstein hielt anfangs nicht viel von Peer Review. Aus seiner „deutschen Zeit“ kannte er dieses System, etwa von seinen fünf berühmten 1905er-Artikeln in den Annalen der Physik, überhaupt nicht. Erst nachdem er in die USA ausgewandert war, sah er sich plötzlich damit konfrontiert, dass seine Manuskripte bisweilen zunächst irgendwelchen Kollegen zur Begutachtung vorgelegt wurden.

Das Online-Organ The Conversation hat dazu gerade eine nette Anekdote wieder ausgegraben, die Physics Today bereits 2005 veröffentlicht hatte. Demnach schickte Einstein zusammen mit seinem Kollegen Nathan Rosen 1936 ein Manuskript über Gravitationswellen an Physical Review. Dessen damaliger Chief Editor John Tate fand das Manuskript aber offenbar derart kontrovers, spekulativ, ja geradezu „phantastisch“, dass er es Einsteins Princeton-Nachbarn Howard Percey Robertson zum Begutachten schickte. Immerhin stellten Einstein und Rosen darin gar die Wellennatur der Gravitation überhaupt in Frage.

Robertson schrieb einen zehnseitigen Kommentar mit jeder Menge gravierender „Entschärfungssvorschlägen“, den Tate umgehend an Einstein weiterleitete. Dieser schrieb Tate schnöde zurück:

We (Mr. Rosen and I) had sent you our manuscript for publication and had not authorised you to show it to specialists before it is printed. I see no reason to address the — in any case erroneous — comments of your anonymous expert. On the basis of this incident I prefer to publish the paper elsewhere.

Einstein publizierte das Manuskript letztlich in dem deutlich „bescheideneren“ Journal of the Franklin Institute. Dies allerdings erst nach einiger Zeit — und mit einem Großteil der Änderungen, die Robertson vorgeschlagen hatte. Es sollte sich herausstellen, dass die Beiden in der Zwischenzeit ausführlich in Princeton über die Befunde des Manuskripts diskutiert hatten — wobei Einstein am Ende offenbar doch einräumen musste, dass dessen schlussfolgernde Behauptungen etwas zu hoch gegriffen waren.

Womöglich bewahrte dieser indirekte Peer Review Einstein also vor einer gehörigen öffentlichen Blamage. In einem reinen Post-Publication-Peer-Review-System, wie es viele heute fordern, hätte er sich sehr wahrscheinlich mit einem voreiligen Schnellschuss ziemlich in die Nesseln gesetzt.

Nur nicht spekulieren

18. Juni 2014 von Laborjournal

Forscher erlebt man oftmals besonders sauer, wenn sie gerade ein Paper abgelehnt bekommen haben. Und manchmal poltert dann so einiges aus ihnen heraus. So auch im Fall von Forscher Brodel [Name geändert], den unser Chefredakteur vor einigen Tagen bei einer Sitzung traf:

„Daten, Daten und nochmals Daten“, grummelte er während einer Sitzungspause im Garten. „Immer nur Daten — das ist das Einzige, was heute zählt in der Wissenschaft. Ist es denn tatsächlich so schlimm, mal ein wenig über den Tellerrand zu schauen? Wo ist das Problem, wenn man mit den Daten mal ein wenig mehr herumjongliert, als immer nur verschämt gerade das hinein zu interpretieren, was sie sowieso für alle offensichtlich hergeben? Sollte man sie nicht vielmehr als Sprungbrett zu plausibler Spekulation nutzen, um damit am Ende neue Ideen, Hypothesen und Zusammenhänge zur Diskussion stellen? Ja, gehört gesunde Spekulation nicht untrennbar zur Fähigkeit, den eigenen Daten den richtigen Platz im «großen Ganzen» zuzuordnen, oder gar überhaupt aus einigen Mosaiksteinchen ein «Big Picture» zu visionieren? Steht sie nicht unweigerlich am Anfang der Entwicklung von Theoriegerüsten, die jeder noch so großen Datenflut erst ihren echten Wert geben?“

„Und genau auf diese Weise hatten Sie in ihrem Manuskript spekuliert?“, fragte der Chefredakteur.

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„Da war doch mal was…?“

5. Juni 2014 von Laborjournal

Als Laborjournalist hat man immer wieder seinen Spaß mit Pressemitteilungen.

Zum Beispiel die Meldung „Professur in Adipositas-Chirurgie wieder besetzt“, die die Universität Leipzig am 20. Mai 2014 veröffentlichte. Darin liest man:

Im Mai hat die Universität Leipzig Prof. Dr. Arne Dietrich die Professur für Bariatrische Chirurgie am Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum (IFB) AdipositasErkrankungen […das schreiben die tatsächlich ohne Leerzeichen zusammen…] übertragen. Der 48-jährige Sachse leitet bereits die Sektion für Bariatrische Chirurgie am Universitätsklinikum Leipzig. Zusammen mit der im Januar 2014 verliehenen Zertifizierung als Kompetenzzentrum für Adipositaschirurgie ist die Neubesetzung eine weitere Profilierung der Adipositas-Chirurgie in der Universitätsmedizin Leipzig. Die Professur für bariatrische Chirurgie am IFB wurde bereits 2010 als die deutschlandweit erste geschaffen.

Beim letzten Satz mussten wir endgültig schmunzeln. Die Uni Leipzig vergisst also nicht, die Einrichtung einer Professur für bariatrische Chirurgie als eigene Pioniertat zu rühmen und sich somit gleichsam mit der Aura des weitsichtigen Vorreiters zu umgeben. Was sie jedoch geflissentlich weglässt, ist, dass sie damals jemanden auf die „Pionier-Professur“ berief, der sich kurze Zeit später als schamloser Betrüger entpuppte: Edward Shang.

In nahezu allen Pressemeldungen vergleichbaren Inhalts folgt irgendwann der Standardsatz: „Er tritt damit die Nachfolge von Professor XY an, der…“ Hier jedoch nichts dergleichen. Holen wir es also nach:

„Dietrich tritt damit die Nachfolge von Edward Shang an, der 2012 überführt wurde, dass er bereits während seiner Anstellung am Universitätsklinikum Mannheim der Uni Heidelberg etliche Studiendaten frei erfunden hatte. Konsequenterweise wurden einige von Shangs Artikeln zurückgezogen, die Universität Leipzig trennte sich bereits im Mai 2012 wieder von ihm, und die Universität Heidelberg entzog ihm die Lehrbefugnis.“

(Shang arbeitet heute übrigens an der Chirurgischen Klinik Dr. Rinecker in München.)

Die Uni Leipzig hat damals nichts falsch gemacht und in der „Shang-Panne“ auch ungewohnt zügig gehandelt. Umso weniger sollte sie den Fall heute derart selektiv verschweigen müssen und gleichsam darauf hoffen, dass sich keiner mehr richtig an Shang erinnert — den Mann, den dieselbe Pressestelle bei Amtsantritt 2010 noch augenzwinkernd als „Professor der dicken Bäuche“ vorstellte.