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Intime Rituale

4. Oktober 2023 von Laborjournal

Die zoologische Forschung hat null Hemmungen, über die intimen Hygiene-Rituale ihrer Versuchstiere zu berichten. Was Forscherinnen und Forscher ihrerseits auf der Toilette so treiben, traut sich dagegen keiner laut zu sagen. Bis zu dieser Glosse …

Was haben die Ameisen eigentlich der Forschung getan? Nestbeschmutzer sollen sie sein, behauptetet ein Regensburger Zoologen-Team um Tomer Czaczkes in einem Paper in PLoS ONE mit dem schönen Titel „Nest Etiquette – Where Ants Go When Nature Calls„. Statt ihr Geschäft draußen zu verrichten, hinterlassen die Ameisen der Art Lasius niger ihre Ausscheidungen oft gleich im Nest. Immerhin krabbelten die Laborameisen der Regensburger Gruppe in bestimmte Nischen in ihren Gips-Nestern, um sich zu erleichtern.

Wieso die Zoologie-Forschenden in die Intimsphäre der fleißigen Insekten eindrangen, erschließt sich allerdings nicht. Da räumen die Krabbeltiere den Wald auf, quasi bienenfleißig (wenn das keine Beleidigung in Ameisenkreisen wäre). Und was ist der Dank der Wissenschaft? Übelstes Nachspionieren und öffentliche Diffamierung. Ant-Shaming sozusagen, noch dazu in einer allgemein zugänglichen Open-Access-Zeitschrift.

Bizarre Verhaltensweisen

Glücklicherweise setzt sich Laborjournal  aus Prinzip für die Kleinen ein, und deshalb schlagen wir heute im Namen der Ameise zurück. Die Ergebnisse jahrelanger verdeckter Recherchen, bisher schamhaft in der untersten Redakteurs-Schublade verborgen, kommen endlich ans Licht. Denn wenn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über den Stuhlgang der Ameise schreiben, ist es nur fair, wenn wir nach dem Prinzip „Auge für Auge, Zahn für Zahn“ mal nachsehen, was die Forschenden selbst in ihren Instituts-Toiletten so treiben. Bizarre Verhaltensweisen, die im Tierreich ihresgleichen suchen, gelangen hier erstmals an die Öffentlichkeit. Streng anonym und anekdotisch.    Diesen Beitrag weiterlesen »

Tube-Dunking

12. September 2023 von Laborjournal

 

Seit dem WM-Sieg am Sonntag drängen völlig neue Einflüsse in den Forschungsalltag unseres „Forscher Ernst“ …

 

(Gezeichnet von Rafael Florés. Über 200 weitere Labor-Abenteuer von „Forscher Ernst“ gibt es hier.)

 

Mal so richtig abschalten …

2. August 2023 von Laborjournal

 

Irgendwie kann unser „Forscher Ernst“ selbst während des Urlaubs Forschung und Wissenschaft nicht ganz abschütteln …

 

 

 

In diesem Sinne macht auch unser Blog jetzt erstmal Urlaub! …

 

(Gezeichnet von Rafael Florés. Über 200 weitere Labor-Abenteuer von „Forscher Ernst“ gibt es hier.)

 

Viva, Open Data!

5. Juli 2023 von Laborjournal

Unser Forscher Ernst lernt die Vorzüge des Offenlegens aller Forschungsdaten kennen …

(Gezeichnet von Rafael Florés. Jede Menge weiterer Labor-Abenteuer von „Forscher Ernst“ gibt es hier.)

 

Nasenspray oder Orgasmus?

21. Juni 2023 von Laborjournal

Kribbelt der Heuschnupfen auch mal wieder in Ihrem Rachen? Und Ihre Augen brennen? Sie brauchen nur ins Sonnenlicht zu zwinkern und schon entlädt sich – übrigens mit bis zu 160 Stundenkilometern – der nächste Nieser? In Zeiten zukünftiger Epidemien und Endemien und Pandemien vielleicht interessant zu wissen: Wie viele Meter schaffen Sie mit Ihrem Nasenauswurf? Das hängt ganz von der Schlagkraft Ihrer Sekret-Tröpfchen ab. Messen sie mehr als 100 Mikrometer im Durchmesser, folgen sie einer ballistischen Flugbahn. Dann ist nach etwa einem halben Meter Schluss. Zehnfach kleinere Partikel hingegen werden von Turbulenzen und Wirbeln der erzeugten Gaswolke weiter transportiert. Sie erreichen alles, was bis zu 2,50 Meter entfernt ist (J. Fluid Mech. doi.org/f5w535) – also auch Deckenventilatoren, Klimaanlagen und Lüftungsschächte zum Nachbarlabor. Zielen Sie bei Ihrer nächsten Niesattacke daher sorgfältig.

Unterdrücken können Sie sie schließlich nur schwerlich. Zwar ist der Niesreiz kein echter Reflex, weil willentlich beeinflussbar. So können Sie etwa auf Ihr Philtrum drücken, also die Rinne zwischen Nase und Oberlippe, oder Ihre Zunge an den Gaumen pressen. Aber warum sollten Sie das tun? Medizinisch ist es bekanntlich besser, jedem Niesreiz nachzugeben. Denn unterdrückte Nieser erzeugen in Ihrer Mundhöhle einen Luftdruck von bis zu 0,4 bar (Comput. Biol. Med. doi.org/f8ht4r). Nicht alle Blutgefäße und Trommelfelle halten diesem Druck stand.

Der Niesreiz selbst wird durch eine Reizung der Nasenschleimhaut ausgelöst – durch Fremdkörper, Krankheitserreger, zu viel Schleimhautsekret, aber auch Staub und helles Licht. Von Erkältungen und Nasennebenhöhlenentzündungen bis hin zu Allergien und Druckunterschieden auf Flugreisen kann vieles Ihre Nase verstopfen. Was aber tun, wenn Sie die unangenehme Schwellung der Schleimhaut lindern wollen, aber gerade kein Nasenspray zur Hand ist? Kein Problem: Ein Orgasmus tut‘s auch. Geschlechtsverkehr – mit obligatem Höhepunkt (!) – verbessert die Nasenatmung genauso gut wie ein schleimhautabschwellendes Arzneimittel (Ear Nose Throat J. doi.org/gm795r). Anders als ein solches Dekongestivum wirkt er ganzheitlich abschwellend. Einen Haken gibt’s allerdings: Im Gegensatz zum Nasenspray ist Ihre Nasenatmung drei Stunden nach einem Schäferstündchen wieder auf dem Ausgangsniveau. Für kontinuierliches Durchatmen müssten Sie also regelmäßig ran.

Von der medizinischen Notwendigkeit kontinuierlichen Beischlafs können Sie Ihre willfährigen Erfüllungsgehilfen recht einfach überzeugen: Weisen Sie auf die neurophysiologische Ähnlichkeit von Niesvorgang und Orgasmus hin. Bei beiden leiten sensorische Nervenfasern Reize an Ihren sensorischen Cortex, Spannung baut sich auf und Ihr Kleinhirn löst bei Überschreiten einer Aktivierungsschwelle plötzlich koordinierte Muskelreaktionen aus.

Welche Muskeln sich unwillkürlich kontrahieren – ob die im Rachen oder jene im Beckenbereich – ist dann doch beinahe Nebensache, oder? Schließlich aktiviert beides das Belohnungssystem Ihres Gehirns – und Sie verspüren Befriedigung.

Henrik Müller

(Illustration kreiert mit OpenAI’s KI „Dall-E2“)

 

(Der Text erschien in leicht anderer Form als Editorial unseres letzten Laborjournal-NEWSLETTERS. Wer den NEWSLETTER samt solcher Editorials regelmäßig alle zwei Wochen per E-Mail zugeschickt bekommen möchte, klicke sich bitte hier entlang!)

Work-Life-Balance am Kipppunkt

7. Juni 2023 von Laborjournal

Unser Forscher Ernst hat noch einige Schwierigkeiten, das Konzept der Work-Life-Balance zu verstehen …

(Gezeichnet von Rafael Florés. Jede Menge weiterer Labor-Abenteuer von „Forscher Ernst“ gibt es hier.)

 

Sie sind lecker!

26. April 2023 von Laborjournal

Es wimmelt auf Ihnen! Da können Sie sich noch so viel schrubben, fünfmal am Tag duschen und regelmäßig Ihre Hände desinfizieren. Reinlichkeit ist und bleibt nicht Ihre größte Tugend. Selbst bei penibler Körperpflege bevölkern beinahe genauso viele Mikroorganismen Ihre Oberfläche wie Sie selbst aus Körperzellen aufgebaut sind – also mehr als 30 Billionen (Cell. doi.org/gg9z6d). Da Ihre Mitbewohner zwar klein, aber viele sind, machen sie einige Hundert Gramm Ihrer Lebendmasse aus. Sie, liebe Leserin oder lieber Leser, sind die perfekte Petrischale!

Besonders einladend wirken Sie auf Bakterien und Pilze, aber auch für Archaeen sind Sie äußerst attraktiv. An talgigen Stellen Ihrer Haut errichtet vor allem das lipophile Propionibacterium sein Zuhause. Bakterien, die es feucht mögen, wie etwa Staphylococcus und Corynebacterium, bevorzugen dagegen Ihre Ellenbogenbeugen und Füße. An erstgenannter Stelle konkurrieren sie dabei mit Hefepilzen der Gattung Malassezia. Ihre Füße sind ebenfalls ein Paradies für Aspergillus, Cryptococcus und Rhodotorula (Nat Rev Microbiol. doi.org/gct5jx).    Diesen Beitrag weiterlesen »

Monogamie? Eher selten!

5. April 2023 von Laborjournal

Ein Harem aus hundert Geschlechtspartnern? Sie beginnen zu hyperventilieren beim Gedanken daran? Weil zu viel Sex, sagen Sie? Zu stressig, finden Sie? Dann fragen Sie mal einen Bullen der Südlichen See-Elefanten (Mirounga leonina). Seine jährliche Überlebenschance sinkt von 80 auf 50 Prozent dank Extrem-Polygamie. Jedoch nicht etwa, weil er jede Nacht eine andere seines Harems beglückt und sein Herz irgendwann schlappmacht. Sondern weil er sich vor dem Sex-Marathon vollfressen muss. In den Augen einer See-Elefanten-Kuh ist er nämlich erst mit drei bis vier Tonnen Lebendgewicht Robben-Adonis genug, um Nebenbuhler am Strand auszustechen. Und das ist der Haken: Das Speckschicht-Anfressen funktioniert nur in besonders nahrungsreichen Gewässern – und somit direkt vor den hungrigen Mäulern von Orcas und Haien. No risk, no fun eben (R Soc Open Sci. doi.org/j33c).

Vielmännerisch und gnadenlos: Die Nacktmull-Königin

Natürlich geht die Harem-Rollenverteilung auch anders herum. Ein Beispiel aus den Halbwüsten Ostafrikas: die Nacktmulle (Heterocephalus glaber). Bei diesen Nagetieren stehen einer einzigen Nacktmull-Königin zwei bis vier Liebhaber auf Abruf zur Verfügung. In unterirdischen Brutkammern zeugt sie mit ihnen alle 2,5 Monate bis zu 27 Jungtiere. Damit enden aber die Liebenswürdigkeiten der Monarchin. Über den Rest ihres bis zu 300-köpfigen und komplett unfruchtbaren Staats herrscht sie gnadenlos. Wer nicht zum Harem gehört, gräbt im Dunkeln Tunnel, sucht in der afrikanischen Hitze nach Futter oder umsorgt ihren Nachwuchs. Ihr Psychoterror stresst die Untertanen sogar so sehr, dass deren Geschlechtsorgane nicht heranreifen. Ohne Letztere können Untergebene aber keine Hormone produzieren, die ein Brutpflegeverhalten auslösen. Deshalb gibt die Nagerkönigin ihren Jüngern den royalen Kot zum Fressen. Dieser enthält das Sexualhormon Östradiol, das die Beta-Mulle dann doch veranlasst, sich um die Blagen ihrer Königlichen Hoheit zu kümmern (Nature. doi.org/j33j). Na, dann doch lieber See-Elefant?

Egal, ob Polygynie (Vielweiberei) oder Polyandrie (Vielmännerei) – beides ist in der Tierwelt nicht selten. Von Fruchtfliegen, Grillen und Heuschrecken über Murmeltiere und Rothirsche bis hin zu Mantelpavianen, Gorillas und Schimpansen – Polygamie ist an der Tagesordnung. Bei Säugetieren sind polygyne “Beziehungen“ mit 90 Prozent sogar das am häufigsten vorkommende Paarungssystem. Monogamie ist eher die Ausnahme (Proc. R. Soc. Lond. B. doi.org/bmh2d8).

Ja, selbst das Sinnbild der Treue – das Seepferdchen-Paar, das sich mit seinen Schwänzen umarmt und ein Leben lang zusammenbleibt – wechselt fröhlich die Sexualpartner und nimmt es nicht mal mit deren Geschlecht so genau. Experimentierfreudig und untreu zahlt sich evolutionstechnisch anscheinend aus: Je nach den Randbedingungen zeigen Männchen wie Weibchen vieler Spezies über alle Tierordnungen hinweg monogames wie polygames Fortpflanzungsverhalten. Die lebenslange, feste Monogamie ist hingegen eine kulturelle Erfindung.

Evolutionsbiologisch überrascht deshalb nicht: Laut der Elitepartner-Studie 2020 waren ein Drittel aller deutschen Menschen schon untreu – Frauen übrigens häufiger als Männer. Ihrer besseren Hälfte, liebe Leserin oder lieber Leser, erklären Sie all das aber vielleicht lieber nicht! Und falls doch, erwähnen Sie bloß nicht Laborjournal in diesem Zusammenhang!

Henrik Müller

(Illustr.: YouTube / Science Magic Show)

 

(Der Text erschien in leicht anderer Form als Editorial unseres letzten Laborjournal-NEWSLETTERS. Wer den NEWSLETTER samt solcher Editorials regelmäßig alle zwei Wochen per E-Mail zugeschickt bekommen möchte, klicke sich bitte hier entlang!)

 

Ideen bitte nur während der gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitszeit!

29. März 2023 von Laborjournal

So ganz hat es unser Forscher Ernst noch nicht auf dem Schirm, dass das Arbeitsministerium per Gesetz jetzt auch eine Pflicht zur Arbeitserfassung für Wissenschaft und Forschung eingeführt hat …

 

(Gezeichnet von Rafael Florés. Jede Menge weiterer Labor-Abenteuer von „Forscher Ernst“ gibt es hier.)

 

Die unheimlichen Begegnungen mit Ameisenarten

1. März 2023 von Laborjournal

Sind Sie schon mal mit Vollspeed in einen Ameisenhaufen gecrasht? Es ist ein äußerst ungünstiger Ort, zu Boden zu gehen – glauben Sie mir! Zweierlei schießt Ihnen in dem Moment durch den Kopf. Zunächst: Wo bei Wotan kam dieses [Schimpfwort Ihrer Wahl]-Ding her? Dann: Seit wann sind Krabbeltiere derart nachtragend?

Ihr Zweirad ist zwar unbeschadet, das Ameisenhaus aber erheblich zerstört – was das ansässige Ameisenvolk mehr als doof findet. Blitzschnell entscheidet es, Sie einer Leibesvisitation zu unterziehen. Die Folgeminuten verbringen Sie also damit, durch den Wald zu hüpfen und möglichst viele Mandibeln-wetzende, Säure-absondernde Ameisenkriegerinnen abzuschütteln – hoffentlich bevor die Hautflügler liebgewonnene Körperhöhlen erreichen.

 

Die 24-Stunden-Ameise produziert das schmerzhafteste Gift aller Insekten (Foto: Geoff Gallice)

Erst im Anschluss dämmern Ihnen die globalen Konsequenzen Ihrer Spontaninspektion des Ameisenbaus: Einzelne Ameisenkolonien können mehrere Jahrzehnte alt werden. Mit 29 Jahren ist eine Königin der Schwarzen Wegameise (Lasius niger) sogar das älteste bekannte Insekt der Welt. Ein Ihnen erteiltes „Hausverbot“ ist nächstes Wochenende also sicher nicht vergessen.  Diesen Beitrag weiterlesen »